Betrachtet man die planetaren Belastungsgrenzen, so sieht man auf einen Blick, dass wir im Bereich Biodiversität diese bereits überschritten haben. Neben dem Klimaschutz, dem Phoshorvorkommen, der Nitratbelastung und dem Flächenverbrauch gehört der Schutz der Biodiversität daher zu den drängendsten Problemen unsere Zeit.
Mit dem Ziel, das Thema Biodiversität im Lebensmittel-Anbau und in der Lebensmittel-Produktion zu fördern, wurde kürzlich eine Projektgruppe gegründet. Die Projektgruppe, bestehend aus Unternehmen sowie Hochschulen, hat das Forschungsvorhaben „BioVal“ (Biodiversity Valuing & Valuation) initiiert und erarbeitet Lösungen, um negative Auswirkungen auf Biodiversität entlang des Produktlebenswegs von Lebensmitteln zu verringern.
In dem inter- und transdisziplinären Projekt mit einer Laufzeit von drei Jahren (ab November 2021) werden Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor mit wissenschaftlich fundierten Tools in der Entwicklung und Erprobung eines wirksamen Biodiversitätsmanagements unterstützt und Konsument:innen mit gezielten Kommunikationsmaßnahmen adressiert.
Als eines der sog. „Reallabore“ im Projekt BioVal verfolgen wir das Ziel, zu erfahren wie unser Einfluss im Wirtschaften auf Biodiversität gemessen und der Einfluss von Lieferant:innen auf Biodiversität differenziert bewertet werden kann, um den Aspekt Biodiversität im Lieferant:innenmanagement fest zu integrieren. Praxispartner im BioVal-Projekt sind neben uns, die Alfred Ritter GmbH & Co. KG sowie die FRoSTA AG.
Die wissenschaftlichen Partner im BioVal-Projekt sind das Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Universität Witten/Herdecke, die Hochschule Bochum sowie das Zentrum für Technik und Gesellschaft (ZTG) der Technischen Universität Berlin.
In den nächsten drei Jahren soll im Rahmen des Forschungsvorhaben herausgefunden werden, wie auf gesellschaftlicher Ebene mehr Aufmerksamkeit für Biodiversität geschaffen werden kann. Zusätzlich geht es um die Frage, wie die Praxispartner Anreize setzen können, um die Biodiversität in der Lebensmittelproduktion und beim Anbau zu erhöhen.
Im Rahmen des Projektes werden verschiedene Dimensionen näher beleuchtet: von den gesellschaftlichen Wertehaltungen, über die Wirkungsabschätzung von Biodiversität bis hin zu Biodiversität in Unternehmen und die transdisziplinäre Integration.
Für uns als Unternehmen, das seit über 175 Jahren mit Naturprodukten handelt, ist eine intakte Natur mit ihrer umfangreichen Biodiversität Grundlage unseres Geschäftsmodells. Auch sind wir uns unserer besonderen Verantwortung für Mensch und Natur, welche wir durch unser Handeln aktiv beeinflussen können, bewusst. Daher ist es unser Ziel, Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen besser zu schützen und zu fördern.
Biodiversität umfasst die Vielfalt von lebenden Organismen jeglicher Herkunft wie bspw. Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen, o. Ä. sowie Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören. Dabei ist wichtig, dass es eine Vielfalt innerhalb und zwischen den Arten gibt und gleichzeitig eine Vielfalt der Ökosysteme vorhanden ist.
Die Biodiversität ist ein ganz besonderes Gut unseres Planeten und für Menschen unverzichtbar. Natürliche Lebensräume und Arten versorgen uns mit Nahrung und Trinkwasser, liefern Fasern für Kleidung und Grundstoffe für Arzneien, bieten Schutz vor Stürmen und Überschwemmungen und regulieren das Klima. Ohne die Biodiversität und die Leistungen der Ökosysteme, die wir Menschen vielfältig nutzen, wären die Existenzgrundlage, die Gesundheit und das Wohlergehen aller Völker und Gesellschaften in Gefahr.
Schädigung von Lebensräumen, besonders durch die Umwandlung für die Landwirtschaft wie bspw. die Abholzung von Wäldern und eine damit verbundene Umgestaltung zu Agrarnutzflächen
Auswirkungen des Klimawandels
Belastung und Verschmutzung der Gewässer und Böden durch negative, externe Effekte wie Mikroplastik, Pestizide oder Kunstdünger sowie die Versauerung der Meere
Ausbreitung invasiver Arten und Gene. Sobald sie sich unkontrolliert verbreiten, verdrängen sie heimische Arten und reduzieren die Biodiversität.
Übernutzung von Tier- und Pflanzenarten und bestandsgefährdende Praktiken wie beispielsweise in der Fischerei
In dem sie ein Verständnis zur Bedrohung der Biodiversität schaffen und den Zusammenhang mit dem eigenen Produktlebenszyklus transparent machen. Die Lebensmittelbranche ist in besonderem Maße betroffen: Zum einen sind wir am meisten vom Verlust der Biodiversität bedroht und gleichzeitig der größte Verursacher für diesen Verlust.
In dem sie Risiken in den eigenen Lieferketten identifizieren, Maßnahmen zur Förderung/Steigerung der Biodiversität unterstützen und somit die negativen Auswirkungen des eigenen Handels verringern.
Die biologische Vielfalt gilt als Voraussetzung für das Gleichgewicht in der Natur und in der Landwirtschaft. Für unser Ziel, die natürlichen Lebensbedingungen für Flora und Fauna zu erhalten bzw. zu verbessern, formulieren wir in unseren Nachhaltigkeitsleitlinien entsprechende Prämissen. Ein Umstellen auf Monokulturen und die Vernichtung von biologischer Vielfalt lehnen wir ab.
Von unseren Lieferant:innen erwarten wir:
Sorgfältige Bewirtschaftung der Plantagen für beste Produktqualität bei so geringen Auswirkungen auf die Umwelt wie möglich
Verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Wasser, Erde, Energie
Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln nur im absolut notwendigsten Mindestmaß
Negativ-Liste zu Pestiziden: Pestizide, die grundsätzlich zulässig sind, die wir aber ausschließen
Beim Einsatz und beim Ausbringen dieser Hilfsstoffe wird immer die Gesundheit der Arbeiter:innen und der umliegenden Bevölkerung beachtet
Keine Gentechnik
Vermeidung von Monokulturen
Erhalt und Förderung der Biodiversität
Die Voraussetzungen für eine umweltverträgliche Landwirtschaft sind in unseren Erzeugerländern sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund haben wir in den Nachhaltigkeitsleitlinien unserer Einkaufsbedingungen richtungsgebende Anforderungen formuliert. Grundsätzlich erwarten wir, dass natürliche Ressourcen und Artenvielfalt beim Anbau unserer Produkte bestmöglich geschützt und erhalten werden. Pestizide und Düngemittel dürfen nur im absolut notwendigen Mindestmaß eingesetzt werden. Unser gemeinsames Ziel: Auch nach Jahrzenten sollen unsere Partner:innen und deren Nachfahren auf der gleichen landwirtschaftlichen Fläche noch hochwertige landwirtschaftliche Produkte wie Früchte, Nüsse oder Kaffee anpflanzen und ernten können.
Einige Beispiele dafür, wie unsere Partner:innen im Ursprung Biodiversität fördern:
Walnüsse aus Chile:
Bei dem Design einer großen neuen Plantage wurde darauf geachtet, dass bereits bestehende, bis zu 200 Jahre alte, typisch chilenische Bäume ihren Platz behalten durften.
Paranüsse aus Bolivien:
Für die Entwicklung des Paranussbaums ist das natürliche Ökosystem des Amazonas Regenwaldes notwendig. Ein Anbau auf Plantagen ist daher nicht möglich. Die Bestäubung der Paranüsse können nur wenige Bienenarten. Ohne die Bestäubung würde der Baum keine Früchte tragen. Somit sind Paranussbäume an sich ein Indikator für ein intaktes Ökosystem. Durch den Kauf von Paranüssen wird somit der Erhalt des Regenwaldes unterstützt.
Popcorn-Mais aus Frankreich:
Der europäische Maiszünsler ist ein Schädling, der seinen Eier an der Maispflanze ablegt. Aus den Eier schlüpfen dann Larven, die sich in die Pflanze bohren und sich von dieser ernähren. Das schädigt wiederum die Pflanze, weshalb für die Gewährleistung einer guten Popcornqualität die Bekämpfung der Maiszünsler notwendig ist.
Statt dafür Pestizide zu benutzen wird im Ursprung auf eine biologische Bekämpfung durch den Einsatz von Nützlingen, sog. Schlupfwespen, gesetzt. Schlupfwespen sind natürliche Feinde des Maiszünslers. Sie legen ihre Eier in die Eier des Maiszünslers und vermeiden so das Schlüpfen der Larven. Somit kann sich der Maiszünsler nicht vermehren und man kann auf Pestizide verzichten. Durch die Vermeidung von Pestiziden werden Insekten und Kleinstorganismen geschützt, die wichtig für das Ökosystem und somit für Biodiversität sind.
Kaffee aus Indien:
In Indien wächst der Kaffee nicht in Monokulturen, sondern in Mischkulturen gemeinsam mit grünem Pfeffer. Kaffeepflanzen sind Schattenpflanzen. Ausreichend Schatten kann die Temperaturunterschiede von Tag und Nacht ausgleichen. Hat eine Kaffeepflanze genügend Schatten, ist für den Anbau wesentlich weniger Dünger notwendig, was weniger Bodenerosion zur Folge hat. Die Pfefferbäume bieten den Kaffeepflanzen den notwendigen Schatten, damit sie von einem Übermaß an verschiedenen Wettereinflüssen wie starkem Wind oder starker Sonneneinstrahlung geschützt sind. Außerdem schaffen Pfefferbäume gute Lebensbedingungen für die Kaffeepflanzen, lockern den Boden auf und schützen ihn vor Austrocknung. Somit wird ein stabiles Ökosystem geschaffen, was wiederum die Artenvielfalt unterstützt.
Weitere Informationen finden sich auf der Projektwebseite www.bio-val.de